Der Nießbrauch ist als Nutzungsrecht das Recht zur Benutzung von fremdem Eigentum. Bei dem Wort Nießbrauch handelt es sich um eine Lehnübersetzung des lateinischen Wortes ususfructus, zu Deutsch Fruchtgenuss beziehungsweise Nutznießung.
Nach § 100 BGB, des Bürgerlichen Gesetzbuches „sind Nutzungen die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie diejenigen Vorteile, die ein Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt“. Eine weitverbreitete Form ist der Nießbrauch als das Recht zur Wohnraumnutzung. Damit ist nicht nur das Benutzen selbst, also das darin wohnen verbunden, sondern auch der sich aus der Nutzung ergebende Mehrwert.
Eigentumsübertragung mit Nießbrauch
Der typische Fall im Alltag ist die Eigentumsübertragung an der von mehreren Generationen bewohnten Immobilie. Die Eltern als Bauherren und bisherige Eigentümer übertragen schon frühzeitig das Eigentum an dem Mehrfamilienhaus auf ihre Kinder. Per Nießbrauch behalten sie das Recht dazu, eine Wohnetage bis an ihr Lebensende nutzen zu können. Das ist von allen Beteiligten so gewollt. Der Beschenkte, also die Nachgeneration, wird neuer Eigentümer der gesamten Immobilie. Der Schenkende hingegen behält das uneingeschränkte Verfügungsrecht als rechtliche Verfügungsgewalt über den vom Nießbrauch erfassten Wohnraum. Der originäre Umfang des Eigentums teilt sich auf in das sogenannte bloße Eigentum der Beschenkten sowie in das wirtschaftliche Eigentum des Nießbrauchers. Das hat rechtliche Auswirkungen dahingehend, dass der Nießbrauch notariell beurkundet und als Last in die Abteilung II des Grundbuches für die Immobilie eingetragen wird. Damit ist der Nießbrauch rechtlich ebenso abgesichert wie das Eigentum an der Immobilie selbst.
Nießbrauch deutlich weitergehender als Wohnrecht
Rechtsgrundlage für das Wohnrecht, auch Wohnungsrecht genannt, ist § 1093 BGB. Danach „kann als beschränkte persönliche Dienstbarkeit auch das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen“. Wie das Wort Wohnrecht ausdrückt, ist damit ausschließlich das Recht zum Wohnen gemeint. Nießbrauch jedoch bedeutet mit dem Fruchtgenuss deutlich mehr. Der Nießbraucher kann den betreffenden Wohnraum selbst nutzen, ihn aber beispielsweise auch vermieten. Der Mieterlös steht ihm zu und ist eine Einnahme aus Vermietung und Verpachtung. Das kann beispielsweise dann eintreten, wenn der Nießbraucher gesundheitsbedingt dauerhaft im Altersheim lebt. Das zeitlich unbegrenzte Nießbrauchrecht bleibt erhalten, sodass der Nießbraucher über die weitere Nutzung entscheiden kann. Umgekehrt ist er nach wie vor für alle Nutzungspflichten verantwortlich. Ein Wohnrecht erübrigt sich in dem Moment, in dem der betreffende Wohnraum von dem Berechtigten nicht mehr bewohnt wird.
Nießbrauch als gern gesehene vorweggenommene Erbfolge
Mit der Eigentumsübertragung und dem gleichzeitigen Nießbrauch zugunsten der bisherigen Eigentümer werden steuerliche sowie wirtschaftliche Vorteile für die Nachgeneration bezweckt. Eine später möglicherweise fällig werdende Erbschaftssteuer ist mit der Eigentumsübertragung zu Lebzeiten hinfällig. Die Bonität der neuen Eigentümer einer wenig oder unbelasteten Immobilie steigt deutlich, sie sind auf Anhieb kreditwürdiger. Im familiären Innenverhältnis ändert sich nichts. Jedem bleibt das, was er hat. Bei noch bestehenden Lasten wie einem Immobiliendarlehen kann entschieden werden, ob diese Last auf den neuen Eigentümer übergeht oder beim Nießbraucher verbleibt. Gegenüber dem Kreditinstitut „haftet die Immobilie als Ganzes“. Hier wird nicht in Eigentümer und Nießbraucher getrennt.
Rechte & Pflichten im Nießbrauchvertrag regeln
In dem Nießbrauchvertrag lässt sich alles ganz individuell regeln, was nicht gegen geltendes Recht verstößt. Dazu gehören Rechte und Pflichten, Einschränkungen sowie Eventualitäten in Bezug auf den Nießbrauch. Der Begriff Nutzung oder Nutznießung ist deutlich weitergehender als die Benutzung. Der Nießbraucher kann mit der Nutznießung buchstäblich viel anfangen. Das muss jedoch nicht immer im Interesse des jeweiligen Immobilieneigentümers sein. Der kann mittlerweile von Kindern auf Enkel gewechselt haben, wohingegen der Nießbraucher immer noch dieselbe Person ist. Was einmal im Vertrag steht und im Grundbuch eingetragen ist, das kann nur einvernehmlich, das heißt mit Zustimmung von Eigentümer und Nießbraucher geändert werden.